Was ist alles typisch Nepal?

Namaste – ein Wort als Grußformel für eine dankbare Geste. In Nepal beginnt ein Gesprächskontakt zunächst mit der Begrüßung und diese mit dem Wort „Namaste.“ Eine gegenseitige ehrenvolle Verneigung mit zart gefalteten Händen vor dem Herzen oder der Stirn und ein Erfragen des persönlichen Befindens sind in Nepal schlichtweg Tradition. Traditionell wird es vermutlich im Land der Berge auch für immer sein, dass man sein Gegenüber fragt, wie der Reis war (Bhat Khayo?). Für uns Europäer erscheint dies etwas unverständlich, aus nepalesischer Sicht ist Reis allerdings essenziell.

In Nepal gibt es sehr häufig Dhal Bhat zu essen, eigentlich fast immer. Das ist ein Gericht aus Reis und Linsen. Es macht satt und stark und liefert noch dazu in der Hochebene alle wichtigen Nährstoffe. Vor diesem Hintergrund macht die Frage, wie der Reis war, sehr viel mehr Sinn. Bei uns in Deutschland wird nach der herkömmlichen Grußart eher über das Wetter gewettert, als über die Speisen gesprochen, und es zeigt sich: andere Länder, andere Sitten.

In Nepal besteht die Bevölkerung zu 90 Prozent aus Bauern, die von der Landwirtschaft und eigenen Erzeugnissen leben. Man merkt schnell, dass hier das Leben eine andere Aufgabe bereithält, die weniger dazu einlädt, frei und ungezwungen über das Wetter zu reden, wie wir es hierzulande kennen. Dort wird viel Landwirtschaft betrieben und ursprünglich gewirtschaftet, um zu (über-)leben.

Nepal ist deshalb auch so besonders, weil Ursprünglichkeit dort noch gelebt wird. Das Land kennt weder Hektik noch Termindruck, was dort weder Sinn macht noch eine Rolle spielt. Berg auf, Berg ab durch das Himalayaland weckt jeder Westler die reine Neugier der Nepalesen.

Dabei purzeln meist besonders beliebte Fragen aus den lächelnden Gesichtern, die den Gesprächsfluss mit dem westlichen Unbekannten dauerhaft antreiben. Fragen wie „Was tust du in Nepal?“, „Wie oft hast du schon Nepal bereist?“, „Magst du Nepal?“, „Wie steht es mit der Familie?“ gehören dabei zum Inventar. Danach gibt es von nepalesischer Seite, außer reiner Neugier, erst mal keine weiteren Fragen. Außer vielleicht: „Möchtest du Tee?“

Alle Schubläden sind bedient, alle Fragen wurden beantwortet, das Resultat steht. Diese Fragen des nepalesischen Volkes sind immer dieselben, ganz egal, auf welche Ethnie sie im Land treffen. Wer länger in Nepal verweilt, wird sich manchmal ein T-Shirt wünschen, auf dem vorne die Dauerbrenner-Fragen und hinten die entsprechenden Antworten erscheinen. So müsste man nicht an jeder Teeshop-Ecke dasselbe wiederholen und könnte gleich zu anderen Themen switchen. Hiermit komme ich gleich zum nächsten Themengebiet, denn auch Geduld ist gefragt in diesem Land. Wer keine Geduld besitzt, ist in Nepal in einem super Trainingslager.

Dort kann Geduld neu erlebt, praktiziert und vertieft werden, wovon anschließend die westliche, hektische Welt ein wenig profitiert. Hektik und Termine kennt dort niemand, Nepal ist die reine Ruhe. Nicht nur die Berge und Landschaft strahlen und senden unendliche Ruhe aus, allein schon die Art und Weise des Volkes, mit allen Gegebenheiten ist Ruhe pur. Ruhe ist in diesem Land Normalität. Das langsame, gemächliche Gehen und Fortbewegen mit dem Bus auf maroden Bergstraßen ist ein wunderbarer Spiegel dafür. Willkommen im Land eines sehr geduldigen, robusten Volkes!

Für Nepalesen spielt Zeit generell nicht so eine große Rolle, es wartet einfach jeder geduldig mit viel Zeit im Gepäck, im Restaurant oder in der Behörde, so lange, bis man irgendwann an der Reihe ist. Es geht langsam und multitasking-frei zu. In diesem gastfreundlichen Bergland wird alles langsam, eins nach dem anderen umgesetzt. Dabei zu pausieren und nebenbei eine Unterhaltung am Telefon oder mit Kollegen fortzuführen, ist ebenfalls normal. Das kann eine kleine innere Zerreisprobe für jeden auf Spitzenmanager gepolten westlichen Ausländer bedeuten. Doch spätestens bei den offenen Begegnungen mit den freundlichen nepalesischen Einwohnern und ihrem zauberhaften Lächeln macht sich jeder gestresste Westler in Bezug auf Zeit und Geduld etwas lockerer. Sollte er auch, denn hier ist noch nicht das Motto „Zeit ist Geld“ angekommen.

Gastfreundschaft wird in Nepal sehr groß geschrieben, egal woher die fremden westlichen Besucher kommen. Einladungen, gemeinsames Speisen und unendliche Freundlichkeit werden in Nepal niemals ausverkauft sein. Auch Zeit für eine Tasse Tee wird dort, in dem Land, das dem Himmel so nah ist, immer groß geschrieben. Das zeigt die andere Medaille eines Landes, das noch so ursprünglich lebt, wie wir es in Europa nicht mehr kennen. Dort ist Zeit noch Zen und nicht Geld.

Eine große Offenheit und Spontanität beherbergt das Volk in seinem Wesen und begleitet Dich gern spontan in jede entlegene Bergkette oder spendet seine Zeit für unermessliche Hilfsbereitschaft. Natürlich haben auch dort schon die Narben des Tourismus das nepalesische Gesicht gezeichnet und vielerorts reichen Dir die „Money- und Schokoladen-Hände“ entgegen, aber das ist nur das Resultat von gestressten Touristen, die leider nicht mitdenken. Schließlich wollen in der knappen Urlaubszeit die Bergpässe erreicht werden, bevor der minutiös durchgeplante Urlaub wieder vorüber ist. Schnell am Wegesrand Geld und Schokolade auszuteilen, ist praktisch und einfach. Dieses Verhalten hat allerdings wenig Mehrwert und keinen gehaltvollen Effekt.

Es lässt nepalesische Bewohner denken, dass alle Touristen mit unzähligen Geldscheinen gewappnet sind und der westliche Wandertourist im Rucksack kein Gepäck, sondern Schokolade umherträgt, genauso wie Knecht Rupprecht. So sollte jeder Reisende vor Ort eher weisen Mehrwert schaffen und besser sinnvolle Zeit spenden, und wenn das nicht möglich ist, besser lächeln, grüßen und weiterziehen. Alternativ kann natürlich auch für Karmapfad ein Beitrag geleistet werden, in Form einer Spende oder, noch besser, durch persönliches Mitwirken, denn wir sind alle eins. In diesem Sinne: ein herzliches Namaste!